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Vom Stausee nach Khénifra

Wir verlassen den Stausee Ben El Ouidane und kämpfen uns anfangs über einen Gebirgsausläufer des Hohen Atlas. An dessen Nordseite  sehen wir an den Straßenrändern Schneereste und fahren dann in engen Serpentinen hinunter zur Großstadt Ben Mellal. Dort müssen wir auch durchs Zentrum fahren, da es auch hier mal wieder keine Umgehung gibt. Nach knapp 170 km erreichen wir unser Ziel. Es ist die Stadt Khénifra.

Hier gibt es keine offizielle Stellmöglichkeit, in der P4N-App ist einzig ein Parkplatz an der Gendarmerie aufgeführt. Wir versuchen es stattdessen auf dem Parkplatz Aziou, der an der Moschee und einem Park- und Sportgelände liegt. Als ich gerade die Parkwächterin fragen will, ob eine Übernachtung möglich ist, schaltet sich ein anderer Mann ein. Er meint, dass wir auf dem wenig besuchten Parkplatz am Rand stehen können und eine Übernachtung überhaupt kein Problem sei. Allerdings wäre in der Nacht kein Parkwächter vor Ort. Ok, das hört sich doch schon einmal ganz gut an. Wir stellen uns an den Rand und erkunden dann die Umgebung. Die Stadt wirkt auf uns sehr "modern". Es gibt viele gut besuchte Cafés und Restaurants, die Frauen sind weitestgehend ohne Schleier oder Kopftuch unterwegs. Es herrscht eine hohe Geschäftigkeit. Witzig sind die Stadttaxis auf Basis des Suzuki Alto. Wir gehen durch den Park, sehen Fußballspielern und -spielerinnen (!) zu, bestaunen Störche über unseren Köpfen und folgen dann dem Promenadenweg entlang des Flusses. Dabei passieren wir ein uraltes Heizhaus und stoßen dann auf eine kleine Patisserie. Hier kaufen wir uns für wirklich geringes Geld tolle Gebäckwaren. Zur Überraschung werden wir auf Deutsch bedient, da der junge Verkäufer am Goethe-Institut in Casablanca studiert hat. Kurz hinter dem Gebäckladen treffen wir auf die dreibogige Steinbrücke "Pont Portugues" aus dem 17. Jahrhundert. Diese wurde gebaut, da der Fluss Oum er Rbia wohl ganzjährig Wasser mit hohen Fließgeschwindigkeiten führt. Das ist ja schon untypisch für Marokko, wo gefühlt fast alle Flüsse wasserlos und geschottert vor einem liegen.

Zurück am Wohnmobil kommt bei Vera noch große Freude auf. Hunderte von Störchen suchen einen Schlafplatz für die Nacht und lassen sich auf einem großen Hotelneon, den Funkmasten, dem Moscheeturm und hohen Bäumen nieder. Das ist schon toll anzusehen. Währenddessen parkt neben uns noch ein Schweizer Wohnmobil ein. Mit dem Fahrer tausche ich mich gerade aus, als ein Mann mit Berbermantel auf einem Mofa bei uns anhält. Er sei bei der Stadt angestellt und würde uns bitten, doch lieber auf den Parkplatz an der Gendarmerie zu fahren. Auf unsere Nachfrage "Warum?" und auch die Parkwächter hätten doch gesagt, dass es möglich sei, kommt der allseits bekannte Hinweis, dass es hier einfach zu riskant sei. Da wir aber darauf beharren, hier stehenzubleiben, verabschiedet er sich mit den Worten, dass dies aber dann auch unser Risiko sei. Später gegen 23.30 Uhr schaut dann auch noch die Polizei bei uns vorbei. Zum Glück checken sie aber nur die Lage und fordern uns nicht auf, Ihnen zur Gendarmerie zu folgen. Die Nacht auf diesem Parkplatz ist aber trotzdem alles andere als ruhig. Viele Leute treiben sich bis spät in die Nacht in der Parkanlage herum und der angrenzende große Kreisverkehr wird gefühlt auch rund um die Uhr befahren.

Was bleibt als Fazit zu Khénifra? Ruhig mal anhalten, die Stadt ist quirlig und modern, mal etwas Anderes zu den "normalen" typischen Provinzstädten. Ja  und wo sich Störche aufhalten, ist es meistens auch landschaftlich schön.