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Von Azrou nach Meknès

Heute geht es mal wieder in eine Königsstadt. Es handelt sich um Meknès, die während der Herrschaftszeit des Alawidensultans Mulai Ismail am Anfang des 18. Jahrhunderts ihre Blütezeit hatte. Dieser hat sich dort mit vielen Sklaven im Eiltempo eine riesige Residenz bauen lassen. Mal schauen, was davon übrig ist?

 

Wir kommen gegen Mittag in Meknès an und genießen den ruhigen sonntäglichen Verkehr. Über gute Straßen erreichen wir nach mehreren Tordurchfahrten die in der P4N gekennzeichneten Parkmöglichkeiten. Die erste Parkreihe ist nur knapp 5 m lang und für uns völlig ungeeignet. Aber hinter dem nächsten Tor winkt uns ein Parkwächter zu. Er beseitigt eine eiserne Zaunabsperrung und lässt uns direkt vom dem "Christengefängnis" einparken. Dieses war eine unterirdische Gefängnisanstalt zur Unterbringung der Sklaven bis zum Verkauf. Da darunter auch Christen waren, setzte sich der Name durch. Der Parkwächter fragt uns, ob wir übernachten möchten, ich nach dem Preis. Es sind 50 Dh je Nacht, das ist für die tolle Lage ok. Dann fragt uns der Parkwächter, ob wir einen Stadtplan möchten, Vera sagt ja und schon sind wir wieder im typisch marokkanischen Geschäftsbetrieb gefangen. Der Stadtplan ist natürlich umsonst, nur lagert dieser in einem Souvenirshop. Und zufälligerweise werden dort die für Meknès typischen Eisen- Silberarbeiten hergestellt. Das wird uns natürlich sofort live vorgeführt und Vera kauft sich einen entsprechenden Armreif. Aber es ist alles im Rahmen. Auch ich gewöhne mich langsam daran, dass diese Abläufe zu Marokko dazugehören. Die Menschen müssen Geld verdienen und sind somit auch auf Touristen wie uns angewiesen.

 

Zurück am Wohnmobil stellen wir fest, dass es gut war, schon gegen Mittag vor Ort zu sein. Hier gibt es nur ca. 7 bis 10 Stellplätze für Wohnmobile und davor werden noch normale Pkw oder Kleinbusse geparkt. So ist der Platz generell nachmittags schnell belegt. Schräg gegenüber vom Stellplatz befindet sich das Mausoleum vom Sultan Ismail, noch näher liegt der Eingang zum königlichen Golfplatz. Dieser darf leider nicht begangen werden. Schade, denn es ist ein grünes Kleinod mit vielen nistenden Vögeln, natürlich auch unseren geliebten Störchen. Wir schnappen uns unsere Hunde und gehen auf unsere erste Erkundungstour. Zumeist gehen wir an Befestigungsmauern vorbei, diese umfassten wohl damalig eine Länge von knapp 40 km. Immer wieder stehen dort Wachposten der Armee, da es natürlich auch eine königliche Zweigresidenz des amtierenden Königs gibt. Wir gehen an Gartenanlagen vorbei, die von Kleinbauern genutzt werden. Danach kommen wir zu einem gigantisch großen - jetzt leeren - Wasserbecken, welches wohl als Notreserve bei einer Belagerung dienen sollte. Dahinter befinden sich die ehemaligen Ställe für knapp 15.000 Pferde der Armee Mulei Ismails. Benachbart dazu liegt ein natürlich ebenfalls großer Getreidespeicher. Das Problem ist nur, dass all diese historischen Anlagen derzeit nicht besichtigt werden können, da sie umfassend restauriert werden. Wir müssen uns also ein Bild von den Objekten auf den Plakaten der Bauzäune machen.

 

Später am Abend gehen wir noch vor das tolle Stadttor Bab Mansour, aber auch dieses wird restauriert und ist daher mit einem Plakat verhangen. Aber auf dem Platz gegenüber steppt der Bär. Ein Markt ist im Gange und überall herrscht ein Menschengewusel. Leider treffen wir auch auf eine Frau mit Kleinkind, die anscheinend von einem (ihrem) Mann geschlagen wurde und im Gesicht blutet. Wir folgen der turbulenten Geschäftsstraße und steigen dann wieder Treppen hinauf in Richtung unseres Wohnmobils. Oben angekommen treffen wir genau auf das von uns ausgewählte Restaurant für den heutigen Abend. Es ist das Collier de la Colombe, ein altes marokkanisches Herrschaftshaus. Oben auf der Dachterrasse nennt sich das Ganze dann modern "Yuba" und dort nehmen wir Platz. Es wird ein wunderschöner Abend, der uns lange in Erinnerung bleibt. Wir haben einen tollen Ausblick in Richtung der neuen Stadtviertel von Meknès. Während wir unsere Bestellung aufgeben, fliegen Störche über unsere Köpfe hinweg und suchen ihre nächtlichen Schlafplätze auf. Wir wählen als Vorspeisen gefüllte Teigtaschen und gegrillte Sardinen, als Hauptspeisen folgen ein Burger-Pommes-Gericht sowie ein Lachsfilet mit Reis und Gemüse, und dann noch ein Zitronen-Baisée-Kuchenstück. Als Begleitung bekommen wir dazu einen örtlichen Weißwein. Da der Abend kühl wird, gibt es einen Gasheizstrahler am Tisch sowie Decken für die Beine. Im Hintergrund läuft Chillmusik. Hier und heute genießen wir unsere Zeit in Marokko besonders. Wir sprechen ein wenig über das bisher Erlebte und was noch vor uns liegt. Gegen 20.30 Uhr machen wir uns auf dem Rückweg zum Wohnmobil. Als wir die Straße betreten, läuft ein junger Mann sehr schnell an uns vorbei, er hat einen Gejagtenblick im Gesicht und das bewahrheitet sich direkt danach. Ein anderer junger Mann folgt ihm mit einer Machete mit ca. 50 cm langer Klinge ... Als er uns sieht, stoppt er etwas und versteckt die Waffe hinter seinem Körper. Andere junge Männer reden beruhigend auf ihn ein. Wir passieren ihn und sind froh, dass sich unsere Wege schnell wieder trennen. Die weitere Nacht hier im Zentrum von Meknès verläuft zum Glück ruhig, und wir beschließen eine weitere Nacht zu bleiben.

 

Somit erkunden wir am nächsten Tag den Souk, der aus wenigen Hauptwegen und vielen sehr schmalen abzweigenden Wegen gekennzeichnet ist. HIer werden viele Garne gehandelt und entsprechend auch genäht. Textilien sind die Hauptprodukte des Souks. Wir staunen über die altertümlichen Nähmaschinen und freuen uns wieder einmal über die Herzlichkeit der Marokkaner. Auf unserem Rückweg besichtigen wir dann noch das Mausoleum des Mulei Ismail. Auch Nichtmoslems dürfen hier in die Grabkammer eintreten. Die Fliesen- und Stuckarbeiten erinnern an den von uns besichtigten Bahia-Palast in Marrakesch.

 

Achja und was bleibt uns noch in Erinnerung. Bei unserem ersten Rundgang hatten wir ja unsere Hunde dabei und als wir durch ein normales Wohnviertel gingen, trafen wir ständig auf Katzen. Das war ein Stress für die Hunde und auch für uns. Also, mit Hunden, die Katzen gerne jagen, sollte man nicht zu oft die Wohnstraßen in Marokkos Städten aufsuchen.