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Unter Geiern in Maderuelo

In Maderuelo fahren wir über den Fluss Riaza und stellen uns mit Blick auf den oberhalb liegenden Dorfkern auf den kommunalen Stellplatzbereich. Es ist eine einfache Wiese ohne jeglichen Service. Uns stört das nicht, da der Wasssertank voll und die Abwassertanks leer sind. Der Fluss Riaza wird hier vor Maderuelo etwas aufgestaut und hat derzeit einen augenscheinlich hohen Wasserstand, da doch der ein oder andere Baum am Ufer im Wasser steht. Nach Osten schauen wir in Richtung einer felsigen Steilwand, über der größere Vögel kreisen. Aus dem Internet wissen wir, dass es sich um Geier (wahrscheinlich Gänsegeier) handelt. Was machen wir also? Wir gehen natürlich in Richtung der Steilwand.

 

Unser Weg führt uns etwas hinauf und hinter einem abgezäunten Bereich schwenken wir auf ein Hochplateau, von dem die Steilwände dann abfallen. Wir treffen knapp 50 m vor der Steilwand auf ein Schild, dass wir ab hier nicht mehr weiterlaufen sollen, um die Natur nicht zu stören. Auf dem Boden liegen überall Federn herum. Vera sammelt diese ein und ich gehe noch ein kleines Stück Richtung Steilwand. Und dann sehe ich die ersten Gänsegeier über mir (vielleicht drei oder vier). Die Gänsegeier haben Spannweiten von bis zu 2,7 m und sind damit für unsere deutschen Erfahrungen schon ungewöhnlich groß. Da es sehr windig ist, schreie ich zu Vera herüber, dass sie aufschauen soll, da über uns die ersten Gänsegeier kreisen. Was danach passiert, lässt mich dann aber doch erschaudern. Da ich nur noch vielleicht 20 m von der Steilwand entfernt bin, sehe ich, wie sich eine Unzahl an Gänsegeiern aus dieser vor mir in die Lüfte erhebt. Habe ich diese jetzt alle aufgeschreckt und sie werden über uns herfallen? Ich drehe mich um und schaue zu Vera. Auch sie kommt jetzt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Über unseren Köpfen schweben jetzt zwischen 50 bis 100 dieser mächtigen Greifvögel. Langsam ziehen wir uns ins Inland zurück. War das jetzt gefährlich für uns oder nicht? In den französischen Pyrenäen ist wohl mal eine Bergsteigerin abgestürzt und es wurden zwei Stunden später nur noch Knochenreste gefunden! Allerdings gehen Greifvogelexperten davon aus, dass Geier nur totes Aas essen. Lebendiges wird nicht angetastet. Also waren wir anscheinend sicher.

Nach einer ruhigen Nacht schauen wir uns am nächsten Morgen im Ortskern von Maderuelo um. Hier sollen so zwischen 100 bis 200 Menschen dauerhaft wohnen. Wir treffen auf vier und gehen ansonsten durch ein kleines unspektakuläres Dorf mit einem schönen Blick über das Riazatal. Als wir gegen 11 Uhr von der Dorfkuppe zur Brücke hinunter laufen, kommen unsere Freunde vom gestrigen Tag angeflogen, die Gänsegeier!  Es sind zwischen 30 bis 40, die eine Runde über dem Ort schweben und dann wieder in Richtung der Steilwand zurückfliegen. Hier vom Ort aus lassen sie sich also auch ohne Mühe sehr gut beobachten.

 

Zurück am Wohnmobil hält kurze Zeit später ein weißer Kastenwagen neben uns. Als er die Seitentür in unsere Richtung öffnet, wissen wir, dass er kein Camper, sondern ein Orangenhändler ist. Mit ihren Marokkoerfahrungen im Gepäck steigt Vera aus und kauft einen großen Sack Orangen. Sie zahlt natürlich statt den geforderten 6 Euro nur 5 Euro:-)