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Torredembarra - Freude und Leid

Unser heutiger Fahrtag führt uns in knapp 6 Stunden (inkl. 1,5 Stunden Pause) über 450 km nach Torredembarra ans Mittelmeer. Hier haben wir in den vergangenen zwei Jahren und auch schon auf der Hinfahrt einen Stopp eingelegt, da wir das Restaurant Sirga an der Strandpromenade sehr lieben. Und heute ist zudem Vera´s Geburtstag! Mit Freude halten wir so  wieder auf unserem bekannten kostenlosen Strandparkplatz, schnappen uns unsere Hunde und gehen an den wunderbaren Sandstrand. Herrlich ist es hier, natürlich deutlich voller als im November, da auch die Osterferienzeit der Spanier beginnt. Nach unserem Spaziergang geht es für uns zum ca. 500 m entfernten Sirga. Dort angekommen sind wir die zweiten Gäste des Abends und um es vorweg zu nehmen, es werden nicht mehr viele andere Gäste kommen. Komisch, zur Mittagszeit war es immer ganz gut besucht. Die Gründe für die Abstinenz der Gäste wird uns dann nach und nach klar. Ok, es ist heute Donnerstag, somit steht das Wochenende vor der Tür und man geht eher am Freitag oder Samstag. Dann stellen wir fest, dass es zum mittäglichen Menü kein Äquivalent am Abend gibt, d.h., statt um die 17 Euro für Vor-, Haupt- und Nachspeise landen wir heute locker bei über 40 Euro je Person. Hinzu kommen natürlich auch noch die Getränke. Das ist dann für spanische Verhältnisse doch sehr hochpreisig. Wir sind aber besonders aus einem Grund enttäuscht. Das Sirga hat uns bisher immer nicht nur mit der Qualität der Speisen, sondern auch mit der Anrichtung auf den Tellern begeistert. Heute ist das überhaupt nicht der Fall. Es schmeckt, aber alles wird sehr einfach präsentiert. Der Gipfel ist eine Pappblume auf der Crema Catalana. Vor einem Jahr wurde hier noch mit essbaren Blüten hantiert! Irgendwie haben wir uns heute auch einen übervollen Magen angegessen. Etwas enttäuscht kehren wir zum Wohnmobil zurück. Hier bekommen wir gegen 23 Uhr noch Besuch von einem Klopfer, der uns nach etwas Geld fragt. Das hat uns heute gerade noch gefehlt. Ich schicke ihn weg und folge Vera ins Bett.

Am folgenden Tag gehen wir mit Atura und Miza zum Tierarzt. Es sind die jährlichen Impfungen aufzufrischen. Bei der ersten Praxis haben wir keinen Erfolg. Die junge Dame ist allein ist und arbeitet somit nur auf Terminbasis. Da wir darauf nicht warten wollen, fragen wir sie nach der nächsten Klinik und sie schickt uns einfach etwas weiter die Straße hinunter. Dort wäre eine größere Tierklinik. Aber auch dort werden wir erst nach einem Termin gefragt. Leider verneinen wir dieses erneut, aber die englischsprechende Assistentin versucht es trotzdem zu ermöglichen. Sie geht zum diensthabenden Arzt und wir denken zuerst, dass dieser keine Lust hat, uns noch dazwischen zu schieben. Falsch, wir sollen sofort in sein Behandlungszimmer kommen. Mit Spanisch und Englisch tauschen wir uns über die notwendigen Impfungen aus und Miza erhält als Erste zitternd ihre Spritze. Ein kurzer Blick auf ihr Hinterteil, ihre Augen und ihre Mundschleimhäute zeigt dem Arzt einen guten Zustand. Das ändert sich dann allerdings bei unserer Atura. Wir schleppen ja schon seit längerer Zeit ihr Problem "viel trinken, viel urinieren" herum. Darüber hinaus hatte Vera in den letzten Wochen schon das Gefühl, dass Aturas Bauch dicker und härter wird. Das sieht der Arzt auch so. Da ist etwas überhaupt nicht in Ordnung, ob wir es checken wollen? Natürlich, so wird zuerst eine Röntgenaufnahme gefertigt und die zeigt schon deutlich eine Zunahme von unnatürlichem Gewebe im Bereich der Bauchdecke. Das sieht nicht gut aus, sagt der Arzt. Wir können es mit einem Ultraschall und einem kleinen Blutbild besser beurteilen, möchten sie das? Natürlich - aber es wird natürlich immer schockierender. Die junge Ärztin am Ultraschallgerät findet einen großen Tumor und sieht wohl auch noch kleinere Tumore. Oje, unter unseren Füßen bricht eine Welt zusammen. Unsere Atura ist schwerkrank, müssen wir sie jetzt sofort einschläfern oder operieren. Der Arzt bittet uns zum Abschlußgespräch nochmals in sein Behandlungszimmer. Das Blutbild ist noch recht gut. Einzig die Leberwerte sind schon etwas über der Norm. Auch ihr Allgemeinzustand wäre gut. Er könnte/ würde sie operieren, um den großen Tumor zu entfernen. Aber diese Operation sei schon ein Risiko. Da wäre es auch für uns vielleicht besser, wenn wir dies - möglichst kurzfristig - in Deutschland besprechen und durchführen lassen würden. Dort hätten wir keine Sprachbarriere und könnten uns viel besser austauschen. Wir sollten aber nicht zu lange warten, denn ein großer Tumor könnte auch jederzeit aufgehen und sich in den Bauchraum entleeren ... Wir lassen uns die Blutanalysen geben, machen noch Handyfotos von den Röntgenaufnahmen und einem Ultraschallbild sowie einen Handyfilm vom Gesamtultraschall. Ohne Boden unter unseren Füßen verlassen wir beide etwas benommen die Tierklinik. Das ist ein absolutes Desaster.

 

Jetzt ist unsere bisherige wunderbare Reise leider nicht mehr so wie vorher. Unsere Gedanken drehen sich nur noch um Atura (geht es ihr schlechter, atmet sie zu schwer, bricht ihr Tumor auf, sollen wir sie nicht besser sofort einschläfern lassen usw.). Der restliche Tag und die Nacht bleiben für uns unruhig. Direkt neben unserem Wohnmobil wird von jungen Leuten bis tief in die Nacht hinein gefeiert. Was kann einen das nerven, wenn man selbst Probleme hat. Aber wir bleiben ruhig, dagegen ein anderer Wohnmobilist nicht. Er ermahnt irgendwann die Truppe, dass sie endlich leiser sein sollen. Am nächsten Tag lenken wir uns etwas ab und fahren zum Waschsalon. Ich lese zudem den ganzen Tag über alternative Heilmethoden bei Tumoren nach. In Marokko hatte uns Rolf aus Backnang von der einjährigen Beifußpflanze Artemesia erzählt. Alles was ich hierzu jetzt im Internet finden kann, lese ich. Es hört sich gut an. Die Pflanze hilft patentiert gegen Malaria und Aids. Dabei wurde festgestellt, dass auch Krebsleiden zurückgingen. Allerdings gibt es keine klinischen Studien an Menschen, sondern nur Erfahrungsberichte oder Tierversuche (Leberkrebs bei Ratten usw.). Dr. Hans-Martin Hirt aus Winnenden ist ein großer Kämpfer für die Anwendung dieser Pflanze. Bei ihm finde ich auch Tipps über die Dosierung in einem akuten Fall. Unser Plan geht somit in folgende Richtung. Wir bitten per Mail einen kompetenten Tierarzt in Deutschland um eine Zweitmeinung zu den spanischen Ergebnissen. Wir versuchen jeglichen Stress für Atura zu vermeiden und stellen ihre Ernährung etwas um. Dann fahren wir zügig nach Deutschland zurück und beginnen begleitend mit der Artemesiabehandlung. Falls Atura vorher einen Zusammenbruch durch ein Aufgehen des Großtumors erleidet, suchen wir den nächsten Tierarzt auf und erlösen sie. Wenn ich das jetzt hier so schreibe, hört sich das so nüchtern an. Aber es liegt wie ein großer Schatten über uns.

 

Zurück vom Waschsalon auf unserem Übernachtungsparkplatz bekommen wir glücklicherweise etwas Ablenkung von unseren Problemen. Kurz nach uns kommt etwas Lauteres auf den Platz gefahren. Als ich etwas Abfall wegbringe, sehe ich den Übeltäter. Es ist der DN-Steyr mit Alexandra und Robert. Diese hatten wir in Marokko in Chefchaouen verlassen. Begleitet werden sie jetzt aber zusätzlich von ihrer Tochter Lea, die für die beiden "Alten" ein Sightseeing-Programm für die Rückreise erstellt. Ich erzähle Robert noch vom gestrigen Wohnmobilklopfer und erfahre am nächsten Morgen von ihm, dass er gegen 2 Uhr einen entsprechenden Besuch hatte. Komischerweise war bei uns in dieser Nacht niemand. Das ändert sich aber dann wieder am nächsten Abend. Kurz nach 22 Uhr kommt der Herr des ersten Abends wieder zu uns. Er möchte wieder etwas Geld, ich bin aber vom erneuten Klopfen total genervt. Wenn er etwas möchte, solle er doch morgen mal bei Helligkeit vorbeischauen. Dann würde ich ihm auch etwas geben, um ihm zu helfen. Seine Antwort dazu ist die Folgende: "Morgen bin ich in Barcelona, ich muss ja auch mal arbeiten." Der Typ ist schon ziemlich mysteriös. Er kommt immer im Dunkeln und spricht verschiedene Sprachen, vielleicht ist er illegal in Spanien. Wir werden es nie erfahren.