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Von Wittenberg nach Torgau

Wir fahren weiter südwärts und landen nachmittags in Torgau. An der Kulturbastion gibt es Parkflächen und Versorgungssäulen, an denen wir uns kostenlos mit Strom und Wasser bedienen. Die Kulturbastion bietet das ganze Jahr über verschiedenste Veranstaltungen (Kino, Kabarett, Musik) innerhalb eines ehemaligen Bunkergebäudes an. Jetzt im Sommer ist zusätzlich eine Open Air – Bühne aufgebaut, die gestern und vorgestern anscheinend noch bespielt wurde (Pink Floyd und Led Zeppelin Coverbands). Schade, wußten wir nicht, da wären wir sonst auch gerne dabei gewesen. Neben vier Wohnmobilen kommt später auch noch ein Wohnwagengespann zur Übernachtung vorbei. Ich glaube, dass würden wir uns nicht trauen. Aber damals in Valencia stand auf einem Hafenparkplatz auch ein Este mit einem riesigen Gespann neben uns. Wahrscheinlich ist es problemloser, als man denkt.

Bei unserer ersten Tour gehen wir mit unseren Hunden zum großen Torgauer Marktplatz und von dort aus zum weithin sichtbaren Schloss Hartenfels. Leider ist es heute bedeckt, so dass selbst die schönen historischen Gebäude etwas trist wirken. An der Zugangsbrücke zum Schloss staunen wir dann über ein Schild an einem Begrenzungszaun. Auf diesem sind drei Braunbären abgebildet, die wohl unten im offenen Burggraben ihr Gehege haben. Und das ist wirklich so. Als wir über den Zaun hinabblicken, sehen wir einen mächtigen Bären auf und ab gehen. Im größeren Gehege treiben sich zumeist Bea und Ben herum, die 2013 in Gangelt, also in der Nähe unserer Heimat geboren wurde. Zudem gibt es Jette, die 1988 in Torgau geboren wurde. Diese zeigt sich aber nur selten den Besuchern. Altersbedingt bewegt sie sich weniger und bleibt daher auch oft im geschlossenen Stall. Am Torgauer Schloss wurden wohl schon vor Jahrhunderten Bären gehalten. Die Torgauer Bürger haben sich dafür ausgesprochen, diese Tradition zu erhalten. Wir können nicht beurteilen, ob dies für „in Gefangenschaft“ geborene Bären die richtige Haltungsform ist. Aber ich finde immer, dass wenn man schützenswerte Lebewesen in realer Gestalt vor sich sieht, der Drang diesen zu helfen größer wird, als wenn wir diese nur aus Filmen kennen. Aber das Gehege hier im Burggraben ist natürlich äußerst umstritten. Entweder die Leute freuen sich über die Bären oder sie lehnen die Zurschaustellung generell ab. Für uns geht es noch kurz in den Schlosshof, in dem wir uns die große freitragende Wendeltreppe und den Eckturm anschauen. Wir beschließen, morgen eine Innenbesichtigung des Schlosses vorzunehmen.

Am nächsten Morgen gehe ich mit unseren Hunden in der Nähe der Kulturbastion die erste Runde. Da es hier aber keinerlei Grünanlagen gibt, entscheiden wir uns auf den offiziellen Wohnmobilstellplatz direkt an der Elbe umzuziehen. Dort kostet die Übernachtung 5,10 Euro. Hier an der Elbe können wir aber direkt mit unseren Hunden auf dem Elbradweg bis zur Parkanlage der ehemaligen Landesgartenschau gehen. Entlang des Weges gibt es einen holzverkleideten Aussichtsturm mit Rutsche (die wir auch einem Test unterziehen), ein kleines Tiergehege, riesige Spiel- und Sportbereiche sowie natürlich Wiesen, Sträucher und Bäume. Kurz nach dem Mittag machen wir uns dann auf zum Schloss. Hier stellen wir fest, dass am heutigen Montag Ruhetag ist. So ein Mist, naja dann schauen wir uns noch einmal genauer die Renaissancebauten der Innenstadt an. Wir schlendern kreuz und quer durch das kleine Zentrum und landen schließlich beim Bürgermeister-Ringenhain-Haus, welches das bedeutendste Renaissance-Bürgerhaus Mitteldeutschlands sein soll. Wir freuen uns auf die Besichtigung, da der Toreingang geöffnet ist. Auf der linken Seite sehen wir den Zugang in Form einer Holztür, auf der Folgendes angeschlagen ist: „Aus Krankheitsgründen ist das Haus heute geschlossen.“ Super, was nun? Wir schauen uns um und sehen im weiter hinten liegenden Innenhof ein uriges Kneipenschild hängen. Als wir uns vorwagen, sehen wir, dass es wirklich eine uralte Gaststätte ist. Eine Frau ist vor Ort und sagt uns, dass sie gerade öffnet, und wir aber ruhig schon etwas trinken könnten. Die Kneipe gibt es wohl schon seit Ewigkeiten. Hier wird vereinsmäßig „Soft Dart“ gespielt und geraucht! Somit dürfen hier in Sachsen erst Volljährige eintreten. Zu guten Preisen nehmen wir ein Getränk und kehren dann zum Wohnmobil zurück. Wir beschließen doch noch eine Nacht in Torgau zu bleiben, um die Schlossbesichtigung nachzuholen.

Bevor wir zur Schlosstour starten, kehren wir am nächsten Tag zum Mittagstisch im oberhalb des Stellplatzes liegenden Bootshauses ein. Es bietet griechische Küche. Wir wählen unsere Gerichte und staunen über die gute Qualität. Damit hätten wir jetzt nicht gerechnet. Mit dem Kellner kommen wir dann etwas ins Gespräch. Die Restaurantbesitzer sind wohl aus dem Kosovo und gerade im Urlaub. Er ist aus Athen und seit knapp einem Jahr hier beschäftigt. In Athen verdient man als junger Mann im Gastgewerbe knapp 800 Euro im Monat. Damit ist dort das Leben gerade so finanzierbar, mehr aber auch nicht. So hat er sich über das Internet in Deutschland beworben. Wir staunen derweil über sein schon gutes Deutsch. Unsere leckeren Gerichte hat ein junger Albaner zubereitet. Die Beiden wollen für ihren Arbeitgeber „richtig Gas geben“, damit auch bei Ihnen ein vernünftiges Gehalt hängenbleibt. Wir wünschen ihnen dafür alles Gute und gehen gesättigt zum Schloss Hartenfels.

Im Schloss gibt es verschiedenste Ausstellungen. Wir wählen die Kombination aus Waffen und Rüstungen, alles rund um Dornröschen und die Schlossgeschichte. Der Ticketverkäufer erzählt uns auf witzige Weise, was wir alles erleben werden. Da aber sein Redeschwall kaum zu bremsen ist, nehmen wir nur einen Teil seiner Ausführungen auf. Für unsere Tickets müssen wir in Summe gerade mal 9 Euro zahlen. Los geht es für uns in der Dornröschen-Ausstellung. Hier dreht sich alles um das Märchen und die damit verbundenen Filme, insbesondere den DEFA-Spielfilm aus dem Jahr 1971. Die kleine Ausstellung ist wirklich bezaubernd gemacht und wir glauben, dass unsere Enkel hier großen Spaß hätten. Besonders toll für Kinder ist der Bereich, in dem sie Kostüme der Märchenfiguren anziehen können, um sich dann auf einem roten Samtsofa ablichten zu lassen. Nach der Dornröschen-Tour steigen wir hinunter zur Waffen- und Rüstungsausstellung. Hier gibt es jahrhundertealte Exponate an Degen, Vorderladern, Helmen und Rüstungen zu sehen. Zudem wird an einem Modell die ehemalige Befestigung Torgaus dargestellt. Wir verlassen nun auch diesen Ausstellungsbereich und gehen hinüber in den ehemaligen Wohntrakt des wichtigsten Schlossherrn, dem Kurfürsten Friedrich I. von Sachsen, genannt „der Großmütige". Dieser wurde 1503 in Torgau geboren und baute das Torgauer Schloss zu seinem vollen Umfang aus. Direkt von seinem Wohnbereich aus konnte er eine von Martin Luther gestaltete Kapelle betreten. Wir streifen durch seinen Wohntrakt und erhalten über Ton- und Lichtvisualisierungen Informationen über sein Leben und seine Förderung der Reformation. Aber er feierte auch gern und hatte einen Weinflaschenaufzug installiert, mit denen er seine Gäste überraschte. Da Schloss Hartenstein im 19. Jahrhundert auch als Garnison diente, gibt es unterhalb der ehemaligen Fürstengemächer auch einen Raum mit einem Kanonengeschoss. Dies wird von uns mit Kugeln beladen, damit weitere Geschichtsereignisse visuell präsentiert werden. Wahnsinn, wie heute Museumsbereiche gestaltet werden, um die Aufmerksamkeit der Besucher anzuregen. Unsere kurzweilige Zeit im Schloss endet und damit auch unsere Torgauer Erkundung. Wir fahren nachmittags weiter und halten zunächst noch beim örtlichen Baumarkt. Wir tauschen unsere 11 kg – Gasflasche und bezahlen für die Füllung rund 26 Euro. Mal schauen, wie sich die Gaspreise im Herbst und Winter entwickeln. Vom Baumarkt aus geht es dann nur kurze 30 km bis zu unserem nächsten Halt.