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Von Gratteri nach Enna

Wir verlassen Gratteri in Richtung des Kerngebietes der Madonie. Auf breiten, aber oftmals hubbeligen, Straßen geht es rund um einen Bergzug nach Isnello. Von dort fahren wir zum schön gelegenen Collesano. Danach ändert sich die Landschaft, und wir durchfahren weitläufige landwirtschaftliche Flächen. Hier sind die Straßen fast immer gerissen und an den Rändern abgesackt. Mit 30 bis 40 km/h schleppen wir uns voran und kommen dann hinunter zur im Tal gelegenen Autobahn A19. Auf dieser geht es dann südwärts. Links und rechts ist eine Hügellandschaft, die ausschließlich als kahle niedergrasige Weide für Rinder dient. Unter der auf Kilometern aufgeständerten – also wie eine Brücke – Autobahn schlängelt sich ein Fluss. Warum wurde die Autobahn nicht an die Hügelränder gelegt, frage ich mich. Es liegt wohl an der nachgiebigen Geologie, lese ich im Internet nach. Jedenfalls werden 30% (60 km) der A19 über brückenähnliche Konstruktionen (Viadukte) geführt. Das ist schon äußerst ungewöhnlich und für unser Wohnmobil auch nervig, da die Übergänge von einem Segment zum nächsten größtenteils uneben sind, und es demgemäß immer wieder „Rums“ macht. Unser heutiges Ziel war ein fester Bestandteil unserer Sizilienvorplanung. Unsere erste Enkeltochter heißt Enna, und daher wollten wir schauen, ob ihr der Ort Enna zur Ehre gereicht. Enna ist eine Kleinstadt (ca. 26000 Einwohner) im Zentrum von Sizilien, die grandios in über 950 m Höhe auf einem hufeisenförmigen Berghang thront. Bei guter Sicht rückt der Vulkan Ätna zum Greifen nah heran. Und diesen Blick wollen wir von unserem Übernachtungsplatz genießen. Wir haben den öffentlichen Parkplatz am Friedhof gewählt und stehen dort direkt am steil abfallenden Felsmassiv. Gegenüber liegt die Nachbargemeinde Calascibbetta - ähnlich schön wie Enna - auf einem etwas niedrigeren Berghang. Rechter Hand sehen wir wirklich, trotz der heute diesigen Luft, den schneebedeckten Ätna. Enna hat leider ein großes Manko. Durch fast jede Straße dürfen Autos fahren, Fußgängerwege gibt es nicht, so macht das Herumlaufen teilweise wenig Spaß. Wir gehen in Richtung des Doms und passieren eine Piazza mit umliegenden Geschäften. Hier und da liegt eine Kirche auf unserem Weg. Wir sparen uns die Besichtigungen und betreten nur den Dom, dessen Bau im Jahr 1307 begann. Ein umfassende Umgestaltung erfolgte im 15. Jahrhundert. Das Innere ist sehr stimmig und prachtvoll. Schöne Verglasungen umrahmen den Altarbereich. In einer Ecke steht aber etwas viel Interessanteres. Es sind aus Baumstämmen in einem Stück hergestellte Leitern, die bis zu den seitlichen Rändern der Kassettendecke reichen. So was haben wir noch nie gesehen. Die sind sicherlich mindestens 20 m lang. Vom Dom führt uns dann unser Weg noch bis zur Ruine der Burganlage, die mit 27000 m² Grundfläche eine immense Größe aufweist. Hier wird derzeit viel umgebaut und renoviert. Daher erreichen wir auch nicht den Felsen der Demeter, einer olympischen Gottheit der Antike. Wir drehen um und gehen zurück zum Wohnmobil. Dort am städtischen Friedhof können wir noch einer Beerdigung beiwohnen, die aber ziemlich schnell über die Bühne geht. Am nächsten Morgen findet ab 9 Uhr schon die nächste Beerdigung statt. Oje, das Leben ist viel zu kurz und geht so schnell vorbei. Ich denke mal wieder an die Worte meiner Mutter: „Nutz Deine Zeit“ Und was sagen wir unserer Enkeltocher? Die Stadt Enna liegt so prächtig auf einem Berghang und hat solch einen wundervollen Blick auf den Ätna, dass es ihrem Namen würdig ist.