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Von Sperlonga nach Sabaudia

Unser Plan für die nahenden Ostertage steht. Wir fahren etwas weiter nach Norden in den Ort Sabaudia und checken dort in den Campingplatz Sant Andrea ein, da dieser über ein hervorragendes Restaurant verfügt. Bei unserer Ankunft stehen wir vor einem verschlossenen Tor. Auf mein Klingeln wird dieses auch nicht geöffnet. Wir fahren etwas zurück zum Restaurant und versuchen dort unser Glück. An dessen Torzufahrt treffe ich auf einen Mann mit Küchenschürze. Ich zeige auf unseren Michel und er fragt mich, ob wir eine Reservierung für den Stellplatz hätten. Alles wäre ausgebucht. Nein, antworte ich und wie sieht es im Restaurant aus? Auch keine Chance, ebenfalls ausgebucht. Aber er hat einen Tipp für uns. Wir sollen direkt in das Zentrum von Sabaudia fahren und es dort beim Stellplatz Gli Oleandri versuchen. Dort sei es ebenfalls sehr schön.

Knapp 10 Minuten später sind wir am Stellplatz. Die Betreiber, Andrea und sein Vater, erklären uns per Sprach-App, dass ihr offizieller Wohnmobilstellplatz erst ab dem 01.04. geöffnet ist, da so ihre Genehmigung der Kommune lautet. Als ihre persönlichen Freunde könnten wir aber auch hinter dem Stellplatz auf ihrem Privatgrundstück stehen. Das Angebot nehmen wir gerne an,  denn die Lage ist einfach genial. Es sind gerade einmal 10 Minuten bis in das Zentrum, 5 Minuten bis an einen weitläufigen Binnensee und ca. 15 Minuten über eine Brücke und eine hohe Düne an den langen Sandstrand. Da wir heute keine Lust zum Kochen haben, lassen wir uns eine Pizzeria empfehlen und auch einen Platz für 19.30 Uhr reservieren. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, gehen wir über die den See überspannende Brücke bis ans Meer.  Warum gibt es hier überhaupt einen See hinter den Dünen?
Sabaudia wurde in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als ideale Stadt der Faschisten errichtet. Sie diente auch zur Besiedelung der Pontischen Sümpfe. Diese wurden trockengelegt und landwirtschaftlich genutzt. An der Küste entstanden in Senken durch sich neubildende Dünen vier Binnenseen. Die Entwurfsplanung wurde von einem jungen Architekturteam entwickelt. Das heutige Stadtbild und die öffentlichen Bauten entsprechen immer noch dieser Urplanung. Unser heutiger Weg führt uns also über den Lago di Paola, welcher intensiv von trainierenden Kanuten genutzt wird. Dann erreichen wir über die Dünenkuppe einen tollen Sandstrand. Allerdings sehen die meisten angrenzenden Strandbuden mehr als marode aus. Wir können uns nicht vorstellen, dass diese bis zum Sommer zum Leben erweckt werden. Da aber vor einem Hotelgebäude eine Holzterrasse erneuert wird, sollten auch die vielen Strandbars noch bis zum Juli aufgehübscht werden. Am Abend gehen wir zur empfohlenen Pizzeria "Civico90". Es gibt Pizzen mit einem traumhaft leichten neapoletanischen Teig. Aber fast noch besser schmeckt uns unsere Antipastiwahl aus einem köstlichem Rohschinken nebst delikatem Mozzarella. Gut gesättigt geht es in eine ruhige Nacht. Am nächsten Morgen gehen wir durch einen schönen Grünzug in das Zentrum Sabaudias. Es gibt vier sehenswerte Gebäude.  Die an aufragenden Türmen leicht zu findenden Rathaus- und Kirchbauten, das neben der Kirche stehende runde Baptisterium und absolut gediegen das "schwungvolle", blaufarbene Postamt. Ansonsten kommen wir an vielen Restaurants und auch an einigen Ladengeschäften vorbei. In einem Sportgeschäft kauft Vera ein Paar Hoka-Schuhe. Endlich steht sie fest im Leben wie Joe Biden oder Bella Hadid. Jetzt sind wir aber auch langsam hungrig. Vera ist im Internet auf die kleine Bar Maretto gestoßen, die anscheinend tapasähnliche Kleinigkeiten mit Zutaten aus dem Meer anbietet. Erst wollen wir - auch weil Miza dabei ist - im Außenbereich sitzen. Der Wind ist aber heute so böig, dass wir ins kleine Barinnere wechseln. Hier sitzen wir hinter dem Tresenbereich an einem kleinen Bartisch. Bei der Weinwahl greife ich daneben. Der kalabrische Wein schmeckt ausgesprochen trocken, muffig und hat einen Kupferton als Grundfarbe. Puuuh, zum Glück lässt Vera ihn zurückgehen. Jetzt wird es ein sizilianischer Grillo aus der Marsalaregion. Dieser bleibt bei uns am Tisch und begleitet unsere wunderbaren Kleinigkeiten, von denen wir etliche Bilder beigefügt haben. Das Essen ist aus unserer Sicht unglaublich gut - geschmacklich und optisch. Wir genießen zwei tolle Stunden und kehren zum Wohnmobil zurück. Am Abend schauen wir uns noch die kleine Kapelle "Madonna della Sorresca" an, welche idyllisch direkt am Lago di Paola steht.

Der Ostersonntag bleibt saharastaubverhangen wie die Vortage. Die Sonne will ihr Bestes geben, wird aber duch den feinen Staub ausgebremst. Nachmittags kommt sie doch noch etwas besser hindurch und wir gehen nochmals zum Sandstrand. Der Tag endet leider mit großen familiären Sorgen. Wir entscheiden uns dazu, am morgigen Ostermontag unsere diesjährige Langzeitreise abzubrechen und uns auf den Heimweg zu machen. Wir denken, dass wir dort im Moment dringender gebraucht werden als in Bella Italia.

Achja, Folgendes habe ich ganz vergessen. Die Stellplatzbetreiber haben uns die ganze Zeit umsorgt. Immer wenn sie uns gesehen haben, mussten wir ihnen versichern, dass auch wirklich alles in Ordnung ist (also so fünf- bis sechsmal am Tag). Ja, und dann kam  mir noch beim letzten Abendspaziergang mit Miza ein großer dunkler Hund entgegen. Nachdem ich etwas genauer schaute, stellte ich fest, dass es doch ein Wildschwein war, gefolgt von einem Zweiten. Natürlich habe ich sofort Miza zu mir gerufen und den Rückzug angetreten. Hinter mir kam noch ein Italiener, der mir erzählte, dass die Beiden bekannt seien. Wir sollten aber einen großen Bogen um sie machen.